Wertausdruck

Es ist schon verwunderlich, daß Marx einmal von der Wertform spricht und in der nächsten Überschrift von Wertausdruck. Offensichtlich weiß er selber nicht so richtig, wovon er eigentlich redet und versucht wie Goethes Faust aus diesem Schlamassel heraus zu kommen: „Denn eben wo Begriffe fehlen, stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. Mit Worten läßt sich trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten. An Worte läßt sich trefflich glauben, von einem Wort kein Jota rauben.“ Goethe: Faust, S. 65

Das Geheimnis aller Wertform steckt in dieser einfachen Wertform.

Die nächste Marxsche Tautologie!

Ihre Analyse bietet daher die eigentliche Schwierigkeit0. Es spielen hier zwei verschiedenartige Waren A und B, in unsrem Beispiel Leinwand und Rock, offenbar zwei verschiedene Rollen1. Die Leinwand drückt ihren Wert aus im Rock2, der Rock dient zum Material dieses Wertausdrucks3. Die erste Ware spielt eine aktive, die zweite eine passive Rolle4. Der Wert der ersten Ware ist als relativer Wert dargestellt5, oder sie befindet sich in relativer Wertform. Die zweite Ware funktioniert als Äquivalent oder befindet sich in Äquivalentform.6

0 Vollkommen richtig, nur daß Marx selber an dieser Schwierigkeit gescheiter ist.

1 Rock und Leinwand spielen die selbe Rolle: sie sind Waren und werden gegeneinander getauscht.

2 Eine Größe (der Produktwert der Leinwand) kann nicht durch eine reale Menge ausgedrückt werden. Die Marxsche Aussage verstößt gegen das Prinzip der Inkommensurabilität von Mengen und Größen.

3 Der Wertausdruck (oder Wertform) ist eine falsche Annahme und wird durch das rumgeeier nicht richtiger.

4 Marx wurde von Engels mal als gründlicher Mathematiker bezeichnet. Ein Mathematiker weiß aber, daß eine Gleichung symmetrisch ist und es dort keine aktive und passive Seite gibt.

5 siehe 2

6 siehe 4

1. Ich kann z.B. den Wert der Leinwand nicht in Leinwand ausdrücken2. 20 Ellen Leinwand = 20 Ellen Leinwand ist kein Wertausdruck3. Die Gleichung sagt vielmehr umgekehrt: 20 Ellen Leinwand sind nichts andres als 20 Ellen Leinwand, ein bestimmtes Quantum des Gebrauchsgegenstandes Leinwand.4 Der Wert der Leinwand kann also nur relativ ausgedrückt werden5, d.h. in andrer Ware6. Die relative Wertform der Leinwand unterstellt daher, daß irgendeine andre Ware sich ihr gegenüber in der Äquivalentform befindet7. Andrerseits, diese andre Ware, die als Äquivalent figuriert, kann sich nicht gleichzeitig in relativer Wertform befinden8. Nicht sie drückt ihren Wert aus. Sie liefert nur dem Wertausdruck andrer Ware das Material.9

1 Sinnloses Palaver, weil Marx versucht, einen falschen Ansatz gerade zu biegen.

2 Das ist eine ganz wichtige Aussage. Ich weiß nicht, ob es Marx selber zu Bewußtsein gekommen ist, aber hier sagt er, daß man eine Größe nicht durch eine Menge ausdrücken kann. Wenn er die Tragweite des Kommensurabilitäts-Prinzips schon an dieser Stelle erkannt hätte, hätte er bestimmt gleich ein richtiges KAPITAL geschrieben und der Menschheit viele Irrwege erspart.

3 Vollkommen richtig, aber warum 20 Ellen Leinwand = 20 Ellen Leinwand auf einmal kein Wertausdruck ist, versteht nur Marx und widerspricht sich damit selber. Schon beim ersten Sonderfall, wo x=y und A=B ist, bricht seine ganze Werttheorie zusammen. Aber der Satz ist ausnahmsweise richtig: Den Wert einer Größe kann man nicht durch eine Menge ausgedrücken.

4 Marx scheint selbst zu staunen, daß eine Mengengleichung nichts weiter sagt, als daß die linke Menge das Gleiche ist, wie die rechte Menge. Quantum verwendet Marx hier im Sinne von Menge. Vorsicht: Gebrauchsgegenstand hat nichts mit Gebrauchswert zu tun. Gebrauchsgegenstand impliziert zwar, daß es sich um einen Gegenstand mit Gebrauchswert handelt, aber von dieser Größe redet Marx hier mal nicht.

5 Auch diese Aussage ist richtig und wichtig. Den Wert einer Größe kann man prinzipiell nur als Vielfaches eines anderen Größenwertes ausdrücken. Die Masse eines Gegenstandes kann man nur als Vielfaches der Masse eines anderen Gegenstandes ausdrücken (m1=z*m2), die Länge nur als Vielfaches der Länge eines anderen Gegenstandes (l1=x*l2), usw usf. Jede Größe kann nur in Relation zu einer Größe der gleichen Art ausgedrückt werden.

6 Was für Größenwerte gilt (siehe 5), gilt aber nicht für die Angabe von Größenwerten durch Mengen. (Die Geschwindigkeit eines Autos kann man nicht durch eine Anzahl Schokoladentafeln ausdrücken!)

7 Es gibt keine relative Wertform, so daß es auch keine Äquivalentform gibt. Selbstverständlich gibt es die Äquivalenz, zu deutsch Gleichwertigkeit. Gleichwertigkeit kann es aber nur zwischen Größen gleicher Art geben, z.B. wenn zwei Mengen die gleiche Masse haben (m1=m2), die gleiche Temperatur (T1=T2), oder, oder, oder.

8 Äquivalent ist etwas anderes als Äquivalenz! Ein Äquivalent ist ein Gegenstand, von dem eine Eigenschaft genauso groß ist, wie die selbe Eigenschaft einer anderen Menge. Das Urkilogramm ist ein Gegenstand, dessen Masse als 1 Kilogramm definiert wurde. Es fungiert als Standardgewicht zur Bestimmung der Masse anderer Mengen. In dem Beispiel in 5 wäre m2 das Standardgewicht, oder das Urkilogramm. Die Masse jeder anderen Menge wird dann als m = z * 1 kg angegeben.

9 Marx verwechselt nach wie vor Menge mit Größe. Ein Fehler der sich auch weiter durch sein KAPITAL ziehen wird.

Allerdings schließt der Ausdruck: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder 20 Ellen Leinwand sind 1 Rock wert, auch die Rückbeziehungen ein: 1 Rock = 20 Ellen Leinwand oder 1 Rock ist 20 Ellen Leinwand wert.

Der Ausdruck „20 Ellen Leinwand = 1 Rock“ verstößt gegen das Kommensurabilitätsprinzip und ist deshalb falsch. Mengen unterschiedlicher Einheit sind inkommensurabel und können demzufolge auch nicht gleich sein. Allerdings fällt Marx hier die Symmetrie auf, die bei einer Gleichung herrschen muß. Spätestens an der Stelle hätte er einsehen müssen, daß seine „relative Wertform“ und „Äquivalentform“ nicht haltbar ist. Aber er hält weiter daran fest, wie der nächste Absatz zeigt:

Aber so muß ich doch die Gleichung umkehren, um den Wert des Rocks relativ ausdrücken, und sobald ich das tue, wird die Leinwand Äquivalent statt des Rockes.1 Dieselbe Ware kann also in demselben Wertausdruck nicht gleichzeitig in beiden Formen auftreten.2 Diese schließen sich vielmehr polarisch aus.

1 Auf der Basis der MArxschen Theorie ist diese Aussage irgendwie logisch. Ein falscher Ansatz wird durch seine Umdrehung aber nicht richtig.

2 Den Sonderfall x=y und A=B haben wir weiter oben untersucht. Es ist nicht einzusehen, daß eine Theorie nur dann richtig ist, wenn sie gewisse Sonderfälle ausschließt.

|Seite 64| Ob eine Ware sich nun in relativer Wertform befindet oder in der entgegengesetzten Äquivalentform, hängt ausschließlich ab von ihrer jedesmaligen Stelle im Wertausdruck, d.h. davon, ob sie die Ware ist, deren Wert, oder aber die Ware, worin Wert ausgedrückt wird.

Um seine Werttheorie zu retten, führt Marx hier eine Konvention ein. Diese Konvention widerspricht aber der symmetrischen Eigenschaft einer Gleichung.